SEO und Sichtbarkeit in der Ära von ChatGPT: Wie Unternehmen Reichweite sichern – und welche Geschäftsmodelle jetzt bedroht sind

Wie sich Sichtbarkeit in Zeiten von KI neu definiert – und wie Unternehmen jetzt strategisch reagieren sollten.

1. Die Spielregeln ändern sich

Digitale Sichtbarkeit folgt neuen Gesetzen.
Was in klassischen Suchmaschinen über klare Rankings und Optimierungen steuerbar war, wird in LLM-basierten Systemen (große KI-Sprachmodelle) zur Frage, ob ein Unternehmen oder Produkt überhaupt noch als Antwortmöglichkeit berücksichtigt wird.

Unter „LLM-basierten Systemen“ verstehen wir Anwendungen wie ChatGPT, Gemini (Google), Claude (Anthropic) und andere generative KI-Plattformen, die auf großen Sprachmodellen basieren.
Im Folgenden verwenden wir zur besseren Lesbarkeit die Kurzform „LLM“ oder sprechen allgemein von KI-Sprachmodellen.

Wichtig:

Nicht gemeint sind Hybridformen wie Google AIO (AI Overviews),
die noch stark auf klassischen Suchergebnislisten aufsetzen und bei denen Links, Trafficflüsse und Optimierungsmöglichkeiten eine deutlich größere Rolle spielen.
AIO ist ein eigenes Thema – auch relevant für GPT Insights –,
aber nicht Bestandteil dieser Analyse.

Wer als Anbieter weiterhin Reichweite, Aufmerksamkeit und Umsatz sichern will, muss verstehen:
Suchmaschinen entscheiden, KI-Sprachmodelle erzählen.
Und damit verschieben sich die Erfolgsfaktoren fundamental.

2. Sichtbarkeit bei Google: Planbar, hackbar, kurzfristig steuerbar

Google funktioniert wie eine Stadt mit klaren Regeln:
Webseiten konkurrieren um die besten Plätze in organisierten Trefferlisten.
Sichtbarkeit lässt sich direkt beeinflussen – durch technische Struktur, Content, (auch kurzfristige) Nutzersignale und Backlinks.
Wer die Mechanismen versteht, kann Traffic und Umsatz deutlich steigern.

Erfolg bei Google folgt festen Mustern:

  • Technische und inhaltliche Optimierungen wirken direkt auf Rankings.
  • Inhalte lassen sich gezielt auf Suchanfragen ausrichten.
  • Traffic wächst, wenn Seiten besser gefunden und positiv wahrgenommen werden.

Auch kurzfristige Hebel (weniger als 12 Monate) waren möglich:
Wer Rankingfaktoren verstand, konnte diese gezielt „füttern“ und innerhalb von Monaten seine Reichweite massiv steigern.

Beispiel:
Ein Reiseportal, das beispielsweise Content in Form von Reiseführern aufbaute oder seine Reiseangebote mit strukturierten Daten ergänzte, konnte schnell Sichtbarkeit und Klicks erhöhen – und steigerte damit auch die Buchungszahlen deutlich.

Zusammengefasst:
Sichtbarkeit in Google war planbar, steuerbar – und oft direkt monetarisierbar.

3. Sichtbarkeit bei KI-Sprachmodelle: Fließend, träge, nicht direkt steuerbar

Große KI-Sprachmodelle (LLMs) funktionieren anders.
Hier gibt es keine Suchergebnisseiten mit zehn blauen Links.
Antworten werden direkt generiert, aus riesigen Bedeutungsfeldern, die KI-Sprachmodelle anhand von Wahrscheinlichkeiten rekonstruiert.

Sichtbarkeit bedeutet hier:

  • In Antworten, Empfehlungen und Beispielen berücksichtigt werden.
  • Als bekannte, relevante oder vertrauenswürdige Lösung erscheinen.

Es gibt keine technischen Shortcuts mehr.
Nur langfristige Verankerung im Themenumfeld und in den Nutzererwartungen.

Beispiel:
Eine kleine Marke für nachhaltige Outdoor-Bekleidung kann in KI-Sprachmodellen erst dann auftauchen, wenn sie über längere Zeit in Blogs, Foren, Bewertungen und echten Gesprächen thematisiert wurde.
SEO-Maßnahmen allein reichen nicht mehr.

4. Google vs. KI-Sprachmodelle: Handlungsspielräume und Konsequenzen

Bereich Google KI-Sprachmodelle (LLMs)
Optimierbarkeit Hoch, kurzfristig Niedrig, langfristig
Möglichkeit für schnelle Hacks Ja Nein
Sichtbarkeit führt zu Traffic? Meistens ja Oft nein
Markenvorteil Mittel (überbrückbar durch SEO) Hoch (starke Marken im Vorteil)
Veränderungsgeschwindigkeit Hoch Träge

Kernaussage:

Wer auf schnelle Optimierung setzt, bleibt bei KI-Sprachmodellen außen vor.
Wer Sichtbarkeit langfristig als kulturelle Verankerung versteht, bleibt relevant.

5. Sichtbarkeit ≠ Traffic: Die neue Währung

Sichtbarkeit allein sichert künftig kein Geschäftsmodell mehr.
KI-Sprachmodelle beantworten Nutzerfragen direkt – oft ohne, dass Nutzer Webseiten besuchen oder Angebote anklicken.

Für Unternehmen bedeutet das:

  • Sichtbar zu sein reicht nicht.
  • Sichtbarkeit muss zu Handlung führen: Kauf, Nachfrage, Buchung.

Beispiel:
Ein reines Ratgeberportal zum Thema Hausbau könnte trotz hoher Nennungen in Antworten aus KI-Sprachmodellen massive Umsatzeinbußen erleben – weil Nutzer ihre Informationen direkt aus der Antwort beziehen und nicht mehr auf die Seite klicken.

6. Wer betroffen ist – und warum

Betroffen Geschäftsmodell Risiko
Stark Vergleichsportale, Ratgeberportale, Affiliate-Seiten Sichtbarkeit ohne Klicks, kein Traffic
Moderat betroffen E-Commerce, lokale Dienstleister Traffic-Kanäle verschieben sich, Käufe bleiben möglich
Neue Chancen Marken mit starker Identität, spezialisierte Anbieter, Community-getriebene Plattformen GPT stärkt Bekanntheit und Vertrauensvorsprung

Beispiel:
Eine unabhängige Kreditvergleichsseite könnte wegbrechen, weil ein KI-Sprachmodell selbst eine Antwort generiert: „Basierend auf aktuellen Konditionen empfehlen wir Anbieter X oder Y.
Andererseits kann ein spezialisierter Möbelhersteller, der einzigartige Lösungen bietet, weiterhin stark wachsen – weil KI-Sprachmodelle nicht die individuelle Produktberatung ersetzen kann.

7. Das neue Spiel um Marken, Cluster und Autorität

Große Marken haben klare Vorteile:

  • Sie sind fest in den Wissensnetzwerken verankert, auf die KI-Sprachmodelle zurückgreifen.
  • Sie erscheinen automatisch häufiger in Antworten.

Kleine Marken und No-Brands haben es schwerer:

  • Ohne kulturelle Bekanntheit gibt es keine organische Berücksichtigung.
  • Der Weg zu Sichtbarkeit ist länger, mühsamer – und ohne technische Shortcuts.

Beispiel:
Während ein Konzern wie Adidas sofort als Sportmarke in Antworten auftaucht, muss eine neue Laufschuh-Start-up-Marke sich mühsam in Diskussionen, Tests und Medien etablieren, bevor KI-Sprachmodelle sie überhaupt in Betracht zieht.

8. Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Große Marken:

  • Markenimage und Vertrauen aktiv stärken.
  • Inhalte liefern, die die Markenassoziationen stützen.

Kleine Marken:

  • Auf Nischenkompetenz setzen.
  • Mikro-Communities aufbauen.
  • Authentische, teilbare Inhalte schaffen.

Für alle:

  • Sichtbarkeit nicht mehr nur als SEO-Frage betrachten.
  • Denken wie Markenstrategen, nicht wie reine Techniker.

9. Fazit: Sichtbarkeit neu denken – oder Relevanz verlieren

Die Ära der KI-Sprachmodelle zwingt Unternehmen, ihr Verständnis von Reichweite zu überdenken.
Nicht nur SEO-Kompetenz führt zum Erfolg, sondern auch eine starke Verankerung im kollektiven Wissen wird entscheidend.

Wer Google Sichtbarkeit weiterhin isoliert denkt, riskiert den schrittweisen Verlust an Relevanz.

Wer an Handlung, Vertrauen und kulturelle Präsenz arbeitet, sichert sein Geschäft in einer Welt ohne garantierte Klicks.

Hanns Kronenberg

Über den Autor

Hanns Kronenberg ist SEO-Experte, KI-Analyst und Gründer von GPT Insights – einer Plattform zur Analyse von Nutzerverhalten im Dialog mit ChatGPT und anderen Large Language Models (LLMs).

Er studierte Betriebswirtschaftslehre in Münster mit den Schwerpunkten Marketing und Statistik – bei Heribert Meffert, einem der Vordenker des strategischen Marketings im deutschsprachigen Raum.

Geprägt durch die Meffert-Schule versteht er Marke als System: Jede relevante Unternehmensentscheidung – ob zur Produktgestaltung, Preisstrategie, Kommunikation oder zum Umgang mit gesellschaftlicher Verantwortung – beeinflusst die Positionierung einer Marke und ihre sprachliche Resonanz im digitalen Raum. GPT Insights macht genau diese Wirkung messbar.

Als Head of SEO einer der sichtbarsten Websites im deutschsprachigen Raum bringt er fundiertes Wissen über Suchmaschinenoptimierung, Nutzersignale und Content-Strategie mit.

Heute analysiert er, was Menschen Künstliche Intelligenz fragen – und was diese neuen Interfaces über Marken, Medien und gesellschaftliche Trends verraten.

Seine Schwerpunkte: Prompt Engineering, Plattformanalyse, semantische Auswertung realer GPT-Nutzung – und die Zukunft der digitalen Kommunikation.

Wir hören, was auf der Prompt-Straße der digitalen AI-Autobahn gesprochen wird – und analysieren es.